100 Jahre Schulhaus in Frohnlach
Die Klasse 4a sucht nach Spuren der Frohnlacher Schule Von Lehrer Hans Burkard
Am 1. Dezember 1995 veranstaltete die Grundschule Ebersdorf anläßlich des 100-jährigen Jubiläums der Errichtung des Frohnlacher Schulhauses eine Projektwoche. Man befragte ältere Leute, den ehem. Schulleiter Gerd Voß und Bürgermeister Günter Seiler nach Erlebnissen aus ihrer Frohnlacher Schulzeit. Bilder und alte Gegenstände, die Zeugnis vom Schulleben in früherer Zeit geben, wurden gesammelt und in einer Ausstellung gezeigt. In einer Feierstunde gedachte man dieses großen Ereignisses mit Rede, Spiel und Gesang.
Unsere Klasse nun nahm sich vor, mit der Aktionsgruppe „Spurensicherung" in Verbindung zu treten und in einem Bändchen der „Dorfgeschichten" Spuren der „Jubilarin" zu sichern. Wir luden Herrn Remde zu uns in den Unterricht und ließen uns über die Methoden dieser Arbeitsgruppe informieren. Daraufhin stellten wir uns die Aufgabe, alte Zeitungen aus den Jahren 1895 und 1896 aufzustöbern und sie nach Berichten über die Entstehung unserer Schule zu durchforsten.
Während eines Ausflugs nach Coburg entdeckten wir im Stadtarchiv jede Menge von Ausgaben der Coburger Zeitung aus dem Jahr 1896, einen Hinweis auf die Frohnlacher Schule aber fanden wir nicht. Diese Zeitungen waren in einer altertümlichen Schrift gedruckt, doch wunderten wir uns, daß wir sie fließend lesen konnten. Noch mehr staunten wir, als wir bei der Lektüre herausfanden, daß das neue Schuljahr im Herzogtum am Montag, den 13. April begann.
Der 13. April 1896
Genau auf dieses Datum stießen wir auch in
einer Urkunde im Staatsarchiv, das den Schriftverkehr des ehemaligen
Herzogtums Coburg aufbewahrt. Hier erfuhren wir etwas über die Einweihung der
Frohnlacher Schule.
Erste Pläne schon
1822
Nun suchten wir im Gemeindearchiv. Dieses
wird in einem einbruchsicheren Tresor im Rathaus aufbewahrt. Wir waren sehr
überrascht, als wir hier etlichen Briefwechsel zwischen dem Frohnlacher
Schultheißen (Bürgermeister) Johann Stegner und dem Herzögl. Untergericht von Hildburghausen — unsere Dörfer
gehörten in dieser Zeit zu diesem Herzogtum — aus den Jahren 1822/23 fanden,
aus dem hervorgeht, daß bereits damals in Frohnlach eine Schule gebaut werden sollte. In einem
Protokoll einer Versammlung sämtlicher Frohnlacher Gemeindeglieder
vom 4. Jan. 1823 erläutert der Schultheiß, daß „es
sehr zweckmäßig sei, wenn sogleich zwei Schulen nämlich eine nach Ebersdorf und
eine nach Frohnlach gebaut werden würden, es könnte,
wenn es jetzt geschähe, in mancher Hinsicht viel mehrere Erleichterungen
gemacht werden, als wenn es vielleicht nach der Zeit dazu kommen sollte .... es
wäre auch nicht zu erwarten, daß 150 Kinder, wie in Frohnlach und Ebersdorf wären, von nur einem Lehrer sattsam
zu unterrichten wären, auch nach aller Wahrscheinlichkeit werde sich die Population
in den beiden Dörfern noch mehr vermehren, es wäre daher sehr zu wünschen und
beinahe als ein unentbehrliches Bedürfnis zu betrachten, daß
in Frohnlach ein besonderer Lehrer angestellt
würde." Warum aber sollten gleich zwei Schulen gebaut werden? Das wurde
uns klar, als wir bedachten, daß die Ebersdorfer Schule, welche die Frohnlacher
Kinder ja damals besuchten, zu dieser Zeit praktisch
nicht mehr benutzbar war. Karl Schmidt bringt in seinem Beitrag zur
Schulgeschichte den Bericht des Herzögl. Amtes vom
Jahre 1827 über den „jämmerlichen Zustand des (Ebersdorfer)
Schulhauses": „Schon von außen drohte ein kleines angehängtes Gebäude,
dessen unterer Stock als Kellerhaus dient, das obere aber eine Kammer bildet, für
die Vorübergehenden als wahre Lebensgefahr, denn die Grundmauer war geborsten,
hatte sich bei einem Schuh breit herausgedrückt, und mehreres
Gebälk nebst den Trägern des oberen Stocks waren bereits herabgefallen
... einen recht traurigen Eindruck erregte ... die Schulstube. Dieselbe ist mit
Einschluß eines unförmigen alten Ofens nicht mehr als
27 Schuhe lang, 16 Schuhe breit und kaum 6Vz Schuh hoch und soll einer Masse von
180 Schülern zum Unterrichtslokale dienen. Schon die
Hälfte dieser Jugend füllt das Zimmer über und über und selbst für diese muß der längere Aufenthalt in einem solchen modrigen,
niedrigen und finsteren Loche höchst nachteilig sein ... so fiel doch das
Atmen darinnen so schwer, die Atmosphäre war so dicht und übelriechend,
daß die Unterzeichneten selber es nicht lange da
auszuhalten vermochten ... das Gebälk und die Dielen (der Lehrerwohnung) sind
morsch, die Wände sind mehrenteils aus ihren Fugen
getreten und haben sich bei 5-7 Zoll gesenkt, ja in einer Kammer halten bloß
zwei große Kleiderschränke die Decke noch vom gänzlichen Einsturz ab."
Dieses Schulhaus war also offensichtlich baufällig, weil es auf sumpfigem
Grund stand, und mußte abgerissen werden. In
Ebersdorf wurde eine neue Schule gebaut. Das Gebäude steht heute noch und ist
uns als Haushaltswarengeschäft Kirchner bekannt.
Was aber war mit Frohnlach?
Aus dem oben genannten Protokoll erfuhren
wir, daß die Frohnlacher Gemeindevorsteher
(Gemeinderat) nicht über den Bau einer eigenen Schule bestimmen wollten, obwohl
sie
„zwar die Zweckmäßigkeit einer eigenen
Schule nicht verkennen könnten, da jedoch aber
1) gar kein
Gemeinde-Vermögen vorhanden wäre, sondern alles von den Privaten geleistet
werden müßte,
2) unter der hiesigen
Nachbarschaft viel Unbegüterte wären, deren Verdienst sich nur auf
Zufall gründe und augenscheinlich abnehme und
3) die Gesinnung der
einzelnen Nachbarn nicht so genau bekannt wäre ..."
Die Entscheidung traf dann die schon erwähnte Versammlung sämtlicher Gemeindeglieder mit einem Abstimmungsergebnis von 55:11 für den Bau einer Schule unter der Bedingung, daß außer l Gulden Schulgeld pro Kind für die Besoldung eines neuen Lehrers keine weiteren finanziellen Belastungen anfallen als die bisher nach Ebersdorf geleisteten. Folglich wurde, wie wir wissen, im Jahre 1823 keine Schule in Frohnlach genehmigt.
70 Jahre später
Ein Dokument aus dem Staatsarchiv führte uns
ca. 70 Jahre weiter in das Jahr 1892. Hieraus erfuhren wir, daß
1891/92 in Ebersdorf 266 Schüler, davon 124 aus Frohnlach,
in 3 Klassen unterrichtet wurden. Mittlerweile gab es ein weiteres Schulgebäude
mit einem Klassenzimmer in der Canterstraße (der rote
Backsteinbau, der später als Rathaus und nachfolgend als Feuerwehrhaus genutzt
wurde).
Die Höchstgrenze der Schülerzahl pro Klasse
lag damals im Herzogtum bei 80 Kindern und wurde somit überschritten.
Zu einer dringenden Verbesserung der
Schulverhältnisse meint das herzögl. Schulamt in
einem Schriftstück vom 1. 6. 1892: „Ohne namhafte Zuschüsse ist eine Änderung
nicht zu ermöglichen. Wie dieselbe herbeizuführen sei, ob durch Errichtung
einer besonderen Schule in Frohnlach, für welche
sofort zwei Lehrer nötig sein würden, oder durch Anstellung eines vierten
Lehrers in Ebersdorf will das Herzögl. Schulamt für
jetzt unerörtert lassen. Jedenfalls wird die Gemeinde Frohnlach
nicht nach einer eigenen Schule verlangen, ... wodurch ihr ein kostspieliger
Schulbau erspart bleibt."
Doch hier irrte das Schulamt des Herzogs,
denn in einem Brief vom 5. Oktober 1892 schreibt der Frohnlacher
Gemeinde-Vorstand Knorr:
Am Montag, d. 9. d.
M. wurde hier eine Gemeindeversammlung abgehalten, in welcher darüber
abgestimmt wurde, ob Frohnlach für sich eine neue
Schule bauen, oder das zweite Schulgebäude in Ebersdorf weiter mit ausbauen
wolle. Alle Erschienenen waren einstimmmig dafür, daß in Frohnlach eine neue Schule
gebaut werden solle." Das Herzogtum mußte
allerdings erhebliche finanzielle Mittel beisteuern und bevorzugte deshalb die
äußerst zweckmäßigen und sparsamen Baupläne des Architekten Hartmann, die z.
B. vorsahen, „daß die Fenster des Schulzimmers zur
Vermeidung von Störungen beim Unterricht nicht nach der vorbeiführenden Straße
gerichtet sind." Damit waren die Frohnlacher
aber nicht einverstanden. Sie beschwerten sich im Aug. 1893:
„Die Gemeinde ist der Ansicht, daß, wenn sie
schon einen erheblichen Aufwand für einen Schulneubau zu machen habe, sie auch
eine Schule bauen wolle, welche zur Verschönerung des Orts dient und an welcher
die Gemeindemitglieder ihre Freude haben könnten ... und die Frontseite eher
wie ein Fabriksaal als wie ein Schulsaal aussehe .. und daß
die Kinder, um zu den Aborten zu gelangen, um den Schulbau herum durch das
Freie gehen und deshalb den Unbilden der Witterung ausgesetzt sein müßten."
Wir sind froh, daß
die Gemeinde Frohnlach sich mit ihrer Ansicht durchsetzen
konnte und die Schule schließlich nach den ästhetisch schöneren Zeichnungen des
Maurermeisters Gerlicher errichtet wurde. Sie bestand
übrigens 1896 nur aus dem zur Göritzenstraße gewandten
Altbau mit nur 2 Klassenzimmern und wurde erst später um den hinteren Teil erweitert.
Das ist ein Auszug aus den vielen
interessanten Fakten, die wir aus den alten vergilbten und leicht zerreißbaren
Dokumenten über die Entstehungsgeschichte unserer Frohnlacher
Schule herausfanden, die ja nun wohl bald keine Schule mehr sein wird.
Die Arbeit machte uns viel Spaß. Manchmal
kamen wir uns wie Detektive vor, die mühsam Puzzleteil für Puzzleteil zu einem
sinnvollen Ganzen zusammenfügen. Und wir freuen uns, daß
sie zum Erfolg führte.