Ein Blick ins
alte Frohnlach
Von Erwin Friedrich (letzter Frohnlacher Bürgermeister)
Frohnlach war lange ein armes Dorf. Aber Ziegen
und Geflügel, auch ein Taubenschlag, waren auf den meisten Grundstücken. Wie
schon zu allen Zeiten waren Kinder bei besonderen Anlässen recht neugierig. Man
musste ja schließlich wissen, wie man zu „kleana Gäsla kümmt." Also gings mit der Ziege zu den „Ehreds".
Der Bockgestank war dann noch tagelang zuhause in allen Räumen. Einmal war die
Geißenpest, die Maul- und Klauenseuche, im Ort. Im Gemeindeholz gab es den
Schindanger, dort wurden Geißen und Hunde begraben. In der Nähe des damaligen
„Seuchenfriedhofs" ist heute ein Spiel- und Bolzplatz für Kinder.
Es war schwer, den Lebensunterhalt zu bestreiten. So mussten die
Korbmacher, auch meine Eltern und ich, beispielsweise mit Wäschetruhen auf dem
Rücken bis nach Lichtenfels laufen, in der Hoffnung, diese verkaufen zu können.
In Seehofhaben wir schon gebangt, dass wir sie nicht wieder zurückschleppen
müssen. Meine Mutter hat Blumenkrippen bis nach Au bei Küps getragen, wo der
bekannte Leonhardt Henning (Weidhausen) in der Firma Herzog Geschäftsführer
war.
Es war in den zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre, aber auch
nach dem verlorenen Krieg, dass die „Sorger"
Weidenabfälle, besser gesagt: „Weiden-Spitzla",
gesucht haben. „Und wenns a halb Pfund wärfbettelten einige, denn sie wollten „Grüneria"
oder „Hosenkörbla" machen, wo man nur ein paar
Pfennig dabei verdient, wenn man das Material geschenkt bekommt.
Aber auch die Vereine hatten um ihre Existenz zu kämpfen. So
wurden Truhen gestiftet, um die ersten Fußballdresse für 4.500 Mark kaufen zu
können. Ich selbst war eine Zeit Jugendleiter im Verein.
Wenn es auch schon die ersten Autos in Frohnlach
gab - ich glaube, es war der Opel P 4 von Oscar Schilling und eines von Alfred
Völker -, so hat uns immer noch ein verlorener Brotlaib erfreuen können, der
wohl vom Wagen der „Fabera" gefallen war, als
sie vom Backofen heimwärts fuhr. Es gab halt noch Hunger! Erinnern tue ich mich
auch noch gerne an die „Postbrüder" August und Karl Heß
und an Willi Liebermann, die noch alle Postsachen mitnahmen und in Frohnlach die Briefkästen am Gemeindehaus und beim Völker
ausleerten. Über das Leben nach Feierabend in unserem Ort möchte ich noch
einiges aus der alten Zeit berichten.
Es gab in den zwanziger bis vierziger Jahren drei Säle (Tanzböden)
in Frohnlach. Diese Gastwirtschaften waren auch
Vereinslokale. Es war ungefähr an jedem zweiten Wochenende Tanz. Meistens
versuchten die Vereine ihr Glück. Für sie war die Veranstaltung eine
Haupteinnahmequelle. Tänzer mussten 2,50 Mark Eintritt bezahlen, bekamen eine
Dauermarke und das Recht, jeden „Reiher" zutanzen. Ansonsten konnte man
pro Tour 10 Pfennig, oder für 3 Touren 20 Pfennig einsetzen. Die Männer waren
gefordert, denn die Mädchen oder auch Damen standen den ganzen Abend zur
Aufforderung in der Mitte des Saales bereit. Die Buben oder Herren vergnügten
sich derweil beim Faß Bier oder bemühten sich um die
Richtige.
Es gab Wechseltänze - Sola - oder
ähnliches, wo auch hinter der Bühne, also hinter den Kulissen herumgetanzt
werden konnte, wo man die Gelegenheit zum Antatschen" wahr
nahm. Ansonsten stand man immer im Blickfeld des „Guckvereins" und
durfte sich nichts erlauben.
Der „Guckverein" war ein echter Hemmschuh. Er bestand ja aus
Müttern und Großmüttern der jungen Leute, die zu Kontrollorganen, wie zu
Heiratsvermittlern, fähig waren. Aber auch Nichtverwandte haben sich laufend
„das Maul zerrissen".
Wenn diese Neugierigen, die jungen Leuten nie einen Platz
einräumten, wenigstens Eintritt bezahlt oder etwas verzehrt hätten! Wirt,
Verein und Tänzer waren echte Gegner des „Guckvereins", zumal öfters auch
ärgerliche Dinge ausposaunt wurden. Vielleicht hat auch jemand dadurch sein
Glück gefunden!? Tanzvergnügen wurden früher oftmals durch Schlägereien oder
dergleichen gestört. Ich weiß von Schneyern und
Rohrbachern, die zu solchen Sachen beitrugen. Doch Schneyer
und Ebersdorfer zusammen waren am meisten gefürchtet.
Das blieb bis in die sechziger Jahre noch so.
Es war nie gleichzeitig Tanz in den verschiedenen Sälen, nur an der
Kirchweih. Dann kamen Baßgeiger und Tubaspieler aus Michelau zur
Verstärkung des Musikvereins.
Der Musikverein Frohnlach hat ansonsten
wohl alle Vergnügen bestritten. Stehgeiger, wie der „Hermanns Ludwig" und
der „Hafnersch Arno" gaben „den Ton an." Der
Musikverein unseres Ortes genoß hohes Ansehen, weil
er außer Tanzmusik viel bewunderte Konzerte, auch in Streichmusik, zu Gehör
bringen konnte.
Nun will ich noch kurz beschreiben, wer die Gastronomen in Frohnlach waren, an die ich mich erinnern kann.
Der „Goldene Adler" am Marktplatz wurde von Berta und August Bülling geleitet. Hermann und Emmy waren die Nachfolger.
Es gab eine Bühne im nicht zu großen Saal, wo auch Theater gespielt wurde. Eine
eigene Metzgerei war für die Gaststube, wie für Vereinszimmer und Küche, von
Vorteil. „Coburger Hofbräu" wurde gern getrunken. Hier gab es auch eine
Kegelbahn, wo man meistens »Zupaß" spielte. Für
das Kegelaufstellen erhielten die Jungen ein Trinkgeld. Später wurde das
Gebäude zur Wohnung. Hier in der Nähe, heute Grundstücke Eichhorn-Schön, war
einmal der Turnplatz des Deutschen Turnvereins. Ein zweites Gasthaus am Markt
war die „Linde". Damals das „Dreimäderl-Haus" genannt, wo die Steffels Rös nach ihrem Ernst
(dem Vater) das Sagen hatte. Dort ist man nachts um drei oder vier abschließend
nochmals eingekehrt.
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Die Gasthöfe „ Goldener Adler" und „Zur Linde" am Frohnlacher Marktplatz. Ob wohl jemand Zeitpunkt, Anlaß und Namen des Kinderumzugs nennen könnte?
Bürgermeister Erwin Friedrich (ganz rechts) und
seine Gemeinderäte und Helfer Ludwig Kirchner, Albin Eichhorn, Paul
Überfeld, Herold Friedrich, Willy Friedrich (an der Drehorgel)
und Emil Friedrich (ganzlinks mit Auguste Friedrich)
beim Einsammeln von Spenden für den Frohnlacher
Kinderspielplatz. Hiervordemdamali-gen
„Bergstübel" - heute Göritzenstr. 54.
Das war aber nicht so
einfach, denn man musste den Eingang erst finden, weil es kaum eine
Straßenbeleuchtung gab und im Wirtshaus selbst auch nur eine 15er Glühbirne
brannte.
Aber, das Kartla Bier schmeckte immer, wofür man überall 23 Pfennig
bezahlte. So geschehen in den dreißiger Jahren. Hier, in der „Linde" war
der meiste Tanz, weil es der größte und schönste Saal war. Auch die Bühne wurde
für Theater genutzt. Ich habe selbst einige Male mitgespielt. Für den
Turnverein stand ich im „Kühnen Schwimmer", der „Spanischen Fliege"
u. a. auf der Bühne. Früher gab es einen Schützenverein. Das Schützenhaus war
gleich über der Straße beim heutigen Disco-Parkplatz. Als Kinder haben wir
Hülsen aufgesammelt und das Blei ausgekratzt. Der Verein bestand nicht lange.
Nach dem zweiten Weltkrieg überhaupt nicht mehr. An Heinrich Kirchner und
Richard Rüger als Mitglieder kann ich mich erinnern.
Richard Rüger hat übrigens beim Brand in der
„Linde" eine Rauchvergiftung erlitten, woran er mit ein paar 30 Lebensjahren
verstorben ist.
Die „Linde" kam in
finanzielle Schwierigkeiten (in früheren Jahren) und stand zur Versteigerung
an. Ein Sonnefelder und der Ebersdorfer „Mäster"
waren Interessenten. Letzterer erhielt den Zuschlag und hat letztlich den
Besitz seiner Tochter Anneliese, verh. Brehm, vermacht.
Wenn sich die Vereine
auch nicht feindlich gesinnt waren, so gab es doch gewisse Einstufungen in
politischer Richtung. Deshalb auch die mehrfach doppelt vorhandenen Vereine.
Es gab den Kriegerverein, die „Kameraden", den Mandolinenclub, den
Turnverein im Gasthaus Lindner, die Freien Turner und Sänger in der
„Linde", den Rauchclub „Blaue Wolke" bei Willi Lindner (Lindner heute
Wurpes). Natürlich noch einige Vereine mehr. Der Saal
bei Willi Lindner war der kleinste. Er hatte an der Südseite ein
„Spielgitter" (Empore mit Treppe), auf dem die Musik spielte. Eine sehr
schmale Empore.
Und schließlich gab es
noch die „Jägersruh". Hier war Anton Kirchner
der Besitzer, nachdem der „Fuddel" (Ferdinand Ultsch) vorher darin „versumpft" war und aufgeben
musste.
Einen Saal gab es nicht,
aber eine gutgehende Wirtschaft mit Metzgerei. Sänger
und auch andere fühlten sich hier wohl.
Später, in den sechziger
und siebziger Jahren, konnte man noch beim Heumann in der „Göritzenquelle"
(auch heute noch) und im „Bergstüberl" bei Alfred Janusch
einkehren. Beide waren mal Pächter der „Linde" nach der „Steffels Rös".
Wenn ich an den Anfang
meiner Erinnerungen hier zurückkomme, so bleibt die Tatsache bestehen, dass Frohnlach lange ein armes Dorf war, sich später zu einem
der reichsten Dörfer im Landkreis mauserte und heute noch mit Stolz auf seine
Vergangenheit zurückblicken kann.
Mit
freundlicher Genehmigung der Arbeitsgruppe ‚Spurensuche’ aus Dorfgeschichten –
Band 2 von 1989