Die Stadtrechte von Frohnlach

 

Von Arno Rüger (1960)

 

Um keine falschen Vorstellungen entstehen zu lassen, sei vorweg bemerkt, dass Frohnlach niemals Stadt gewesen ist; und diese Stadtrechte auch nichts mit einer Erhebung zur Stadt zu tun haben. Es handelt sich hier um Gewerbegerechtigkeiten, die zur damaligen Zeit normalerweise nur den Städten und zum Teil auch einzelnen Klöstern zugestanden wurden.

Nach einer Urkunde vom 22. Oktober 1467 beschwerten sich der Schultheiß Claus Reißenweber und die Dorfmeister Hans Meußer und Hans Eichhorn von Frohnlach bei Martin von Rosenau in Coburg darüber, dass der Gemeinde ihre seit Jahrzehnten besessenen Stadtrechte streitig gemacht würden und baten nach Anhören von Zeugen eine Entscheidung zu treffen und in einer Urkunde festzuhalten. Die angegebenen Zeugen Peter und Carl Eichhorn, Bürger zu Coburg, Eberhard Karge aus Niederfüllbach und Hans Geiger aus Roth am Forst bestätigten unter Eid, dass in Frohnlach seit 50-60 Jahren, soweit sie zurückdenken könnten, Metzger und Becken vorhanden waren und dass auch Bier gebraut und ausgeschenkt worden sei.

Trotz dieser eidlichen Aussage von den Zeugen hat der Konvent und der Verwalter des Klosters diese Rechte immer wieder bestritten, wie die Urkunden aus dem Staatsarchiv Coburg und Weimar zu berichten wissen.

Am 24. Februar 1540 beschwert sich der Schutheiß und die ganze Gemeinde wiederum, und diesmal beim Landesfürsten, dass man ihnen ihre Stadtgerechtigkeiten streitig machen will. Am 29. Februar dieses Jahres ergeht von den Räten zu Weimar (Regierung) der Befehl an den Verwalter des Klosters und Amtes, zu der Beschwerde Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme des Verwalters erfolgte am 8. April 1540. Er aber bestreitet nach wie vor die Rechte an Mühlen, Brauen, Schenken, Fleischmachen und Backen und bezichtigt dabei die Frohnlacher der Unwahrheiten, welche sie nach Weimar berichtet hätten. Er vertritt die Meinung, dass kein Bräuzeug, kein Brauhaus, kein Metzger und kein Bäcker vorhanden sei.

Diese Gerechtigkeiten ständen nur den Städten zu. Außerdem hätten sich die Handwerker in Coburg bei ihm über die Frohnlacher beschwert, weil die Frohnlacher zu ihrer Kirchweih einen aus dem Bayerischen stammenden Metzger - den guten Erhard genannt - haben kommen lassen, der dann einen Ochsen geschlachtet und den Fleischverkauf vorgenommen hatte. Der Metzger des Klosters in Sonnefeld dagegen müsse Hunger und Durst leiden, weil er nichts zu tun hätte. Die Frohnlacher wurden mit einer Strafe von 200 Gulden belegt, die ihnen aber erlassen werden sollte, wenn sie die behaupteten Stadtrechte aufgeben würden.

Im Jahre 1547 beschwerte sich die Gemeinde wiederum beim Landesfürsten, dass sie seit zwei Jahren auf ihre Eingabe keine Antwort erhalten habe. Dabei werden als Zeugen zwei alte Witfrauen angegeben, deren Männer zu Lebzeiten in Frohnlach Bier gebraut haben. Das Werkzeug sei nach dem Tode der Männer verkauft worden. Der Verwalter aber bestreitet nach wie vor die Rechte und fordert nun die verwirkte Strafe von 200 Gulden. Sein damaliger Bericht schließt mit den Worten: „Da doch die Stühl auf die Bänk nicht hupfen, sondern billig unter den Bänken liegen und die Dörfer Dörfer, Bauern und Kobler bleiben müssen“. Allein aus diesem Satze ist das damalige Zeitgeschehen nach dem Bauernkrieg und der Auflösung des Klosters deutlich ersichtlich. Es wurde mit allen Mitteln versucht, die erlangten Freiheiten der ehemaligen Leibeigenen wieder abzunehmen.

Aber unsere Vorfahren ließen sich keine Schwachheit spüren. Die 200 Gulden wurden nicht bezahlt und die Rechte auch weiterhin vor dem Landesherrn verteidigt.

Die Urkunde des Landesfürsten aus dem Jahre 1600, wonach dem Wirt Christoph Mitlacher aus Frohnlach die Genehmigung erteilt wurde, an seine Schankwirtschaft ein Brauhaus anzubauen, bestätigt, dass unsere Vorfahren in dem jahrhundertelangem Streit Recht behalten haben. In dieser Genehmigungsurkunde wird auch bestätigt, dass in Frohnlach diese Gewerbe seit urdenklichen Zeiten ausgeübt werden. Dem Wirt Mitlacher wurde nur eine Auflage gemacht, er durfte nicht mehr Bier brauen, als für den Bedarf im Dorf erforderlich gewesen war. Ein Abfüllen von Bier in Fässern und der Verkauf dieser war ihm verboten.

Diese ehemalige Klosterwirtschaft (heutige Nr.43) besteht leider nicht mehr. Das Brauhaus wurde im Jahre 1911 abgebrochen und die Einrichtungen nach auswärts gebracht. Die aus dem Jahre 1612 stammenden Bierkeller wurden 1923/24 abgebrochen, und die Wirtschaft selbst wurde mit Ende des Jahres 1959 aufgegeben.

Wie aber mögen nun diese Stadtrechte - Gewerbegerechtigkeiten - überhaupt entstanden sein, um die ein über hundert Jahre langer Streit entstanden ist? Urkundlich ist es nicht zu beweisen. Ebenso ist eine Verleihung durch den Grundherren, die niedere Gerichtsbarkeit oder den Landesfürsten als unmöglich anzusehen, sonst hätte man sich bei den späteren Streitigkeiten darauf berufen können. Man kann deshalb heute nur noch Vermutungen anstellen. Frohnlach war bekanntlich 1260 entweder Gründungsort oder zumindest Ausstattungsort der ersten Klostergründung gewesen. Es kann die Möglichkeit bestanden haben, dass die ersten klösterlichen Gebäude für diese Gewerbe - Bäcker, Metzger und Wirte - im Bereiche der Gemeindeflur Frohnlach gestanden haben, und die Gewerbe für das Kloster ausgeübt worden sind.

Nach dem Brand des Klosters im Jahre 1287 und nach der Verlegung des Neubaues nach Hofstädten können im Laufe der Zeit auch für diese Gewerbe dort neue Gebäude errichtet worden sein, weil der Weg nach Frohnlach sicher ziemlich weit und beschwerlich gewesen ist. Die alten Gerechtigkeiten aber wurden in FrohnIach weiterhin ausgeübt und haben sich so mit der Zeit eingebürgert und sind zu einem Gewohnheitsrecht der Frohnlacher geworden, das sie dann mit allen Mitteln verteidigt und erhalten haben.