Altfrohnlach – Sage und Wirklichkeit

 

Von Arno Rüger (1960)

 

Der Volksmund weiß davon zu berichten, dass Frohnlach der Sage nach früher auf dem Altfrohnlachsberg gestanden haben soll, und im Dreißigjährigen Kriege oder einem früheren Kriege völlig zerstört worden sei. Die Chronik von „Hänn“, welche im Jahre 1700 herausgegeben wurde, sowie die „Faber'sche Chronik“ über das Amt Sonnefeld haben jedoch keinerlei Hinweise darüber. Auf Grund der Forschungsergebnisse von Herrn Dr. Walter Lorenz aus Coburg in seinem Buche „Campus Solis“ (Geschichte des Klosters Sonnefeld), glaube ich heute in der Lage zu sein, den Schleier über die Sage von Altfrohnlach etwas zu lüften, und werde beweisen, dass diese Legende im Volksmund sich zwar auf Tatsachen stützt, die aber ganz andere Zusammenhänge haben.

Wenn wir uns bei dieser Betrachtung in das Mittelalter zurückversetzen wollen, so dürfen wir uns Frohnlach nicht als einen Ort, wie er heute vor uns liegt, vorstellen. Das Dorf bildete kein geschlossenes Ortsbild, und das, was wir heute um den Ort als Wiesen und Äcker vorfinden, war vor Jahrhunderlen noch dichter Waldbestand. Die einzelnen Gehöfte und Güter des Dorfes lagen in Waldlichtungen und hatten ihr Ackerland und die Wiesen um das Gehöft herum. Die heutige geschlossene Bauweise des Dorfes hat ihre Anfänge erst vor dem Dreißigjährigen Kriege.

Dem Amts-Erbbuch des Amtes Sonnefeld aus dem Jahre 1584 entnehmen wir, dass die nachfolgend aufgeführten Gehöfte und Güter zu Frohnlach gehörten: Auf der Putzenstirn standen zwei Höfe, die zu Frohnlach gehörten. Übrigens auf dieser Putzenstirn soll im frühen Mittelalter eine Raubritterburg gestanden haben. Der Dürrhof mit der Mühle war ein weiteres zu Fohnlach gehörendes Gut. Im Bereich des heutigen Ortes, östlich von der Kellergasse und Bahnhofstraße, standen die 12 Güter des ehemaligen Ortes „Forke“, der bereits 1195 urkundlich erwähnt und im 16. Jahrhundert in Frohnlach einverleibt und aufgegangen ist. Im Nordosten auf der Höhe zwischen dem Schneibach und dem Eichberg - auf dem Einzelberg - standen zwei weitere Güter, welche zu Frohnlach gehörten. Ein weiterer, in alten Urkunden erwähnter eigener Ort, der südöstlich von Großgarnstadt gelegen war, nannte sich .Schnei.. Dieses Schnei wird bereits in den Fuldaer Traditionen des 11. Jahrhunderts genannt. In der ersten Urkunde von Forke im Jahre 1195 ist die Grenze von Forke von „sniwa über wansazen“. (heutige „Wasel“) in das Tal der „birkenlita“ angegeben.

Bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts war der Ort wieder abgegangen, das heißt, er war wüst gewesen und wurde nicht mehr bewirtschaftet. Im Urbar von 1514 sind die beiden Sonnefelder Güter in Schnei mit den Namen „Golnerin“- und „Steinleins-Gütlein“ benannt und als wüst bezeichnet.

An der heutigen Flurgrenze zwischen Frohnlach und Großgarnstadt liegen am Schneibach die Schneiwiesen (Schneiera) und die Göllerswiese (Göllera). Die nach Südwesten angrenzende Flur heißt Altfrohnlach. In diesem Raume am Oberlauf des Schneibaches ist die abgegangene Siedlung Schnei zu suchen. Zumal der frühere Weg nach Großgarnstadt durch das „dürre Gehölz“ und die Schneiwiesen im Grund entlang nach dort führte. Der heutige Ortsverbindungsweg, der von der Altfrohnlachsgasse über den Tiefen Graben führt, wurde erst in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gebaut. Auf Grund der Forschungsergebnisse von Dr. Walter Lorenz ist somit der Beweis erbracht, dass auf den westlich von den Schneiwiesen gelegenen Anhöhen - auf dem heutigen Altfrohnlachsberg - tatsächlich ein Ort gestanden hat. Wann er nun endgültig verschwunden ist, kann urkundlich nicht belegt werden. Nach den Auszügen aus dem Urbar von 1514 also vermutlich zum Beginn des 16. Jahrhunderts.

Die im Volksmund befindliche Legende von Altfrohnlach beruht demnach nicht auf einer Sage, sondern stützt sich auf Tatsachen; allerdings mit dem Unterschied, dass nicht Frohnlach dort oben auf dem Berg untergegangen ist, sondern ein Ort, der noch älter als Frohnlach war und der in der späteren Frohnlacher Flur gelegen hatte. Aus diesem Grunde: Altfrohnlach.